Es war ein schleichender Prozess… ganz langsam, wie sich eine Katze an ein „Opfer“ heran schleicht. Das Opfer (natürlich ich) war ahnungslos. War ich doch immer mal wieder im letzten Augenblick mehr oder weniger erfolgreich geflüchtet. Also kein Grund zur Sorge.
Und dann war die Katze schneller … sie hat mich gepackt und durch die Gegend geschleudert. Ich bin hart gelandet. Lebend – auch wenn es sich damals nicht so anfühlte.
Aber von Anfang an: vor 15 Jahren habe ich eine zehnjährige „Mitgliedschaft“ bei einem großen Automobilhersteller gekündigt und eine eigene Coaching- und Beratungspraxis aufgebaut. Mein Bedürfnis nach Autonomie hat mich geleitet und keinesfalls fehlgeleitet. Es hat viel verändert in meinem Leben. Soweit so gut.
Mit immer mehr Klienten und großer Freude dabei, Menschen in ihrer Entwicklung in Unternehmen zu begleiten kam die Katze immer näher … auf leisen Pfoten. Mir, da war ich mir sicher, passiert so etwas wie ein Burnout nicht – ich bin schließlich die Expertin darin, andere zu unterstützen, aus ihren Überforderungsmustern auszusteigen und neue Wege für ein erfülltes, gesundes psychisches und physisches Leben zu finden.
Dass ich nicht mehr viel Zeit für meine Freunde hatte, nachts aufgewacht bin und mir überlegt habe, was ich am nächsten Tag auf keinen Fall vergessen darf, häufiger Magen- und Kopfschmerzen hatte und wie ein Hamster im Laufrad ohne Pause gerannt bin – geschenkt. Wenn ich es überhaupt zugelassen habe zu überdenken, habe ich schnell eine Begründung gefunden, warum ich daran nun sicher jetzt nichts ändern kann. Und weiter ging es.
Die Wochentage: von morgens bis abends im Coaching- und Seminareinsatz. Halb schlafend wöchentlich hunderte von Kilometern nach den anstrengenden Tagen über die Autobahnen dieser Republik nach Hause fahren.
Die Wochenenden: gefüllt mit konzeptioneller und organisatorischer Vor- und Nachbereitung und so lästigen Dingen wie Umsatzsteurerklärungen.
Im Urlaub: Fachliteratur lesen – schließlich muss ich ja auf dem neuesten Stand bleiben.
Zeit für meinen Mann und Sohn haben, entspannen, reiten, Sport und auf gesunde Ernährung achten – Fehlanzeige.
Als ein Teilnehmer in einer Coaching-Gruppe auf eine Frage von mir sagte, „das habe ich doch gerade erzählt“, traf mich das wie ein Donnerschlag! Meine Perfektionistin war zutiefst erschüttert und schlug Alarm. Das Problem: irgendwie musste ich mich noch besser konzentrieren. Die Lösung: durchschlafen – Chemie macht’s möglich.
Und dann kam der Hammer – von außen.
Fast von einem Tag auf den anderen stornierte mein größter Auftraggeber durch finanzielle Schieflage alle Maßnahmen. Nach Jahren Arbeit ohne Pause hatte ich plötzlich Zeit ohne Ende: eine Katastrophe. Ich fühlte mich ausgebrannt, ratlos, ohne Energie, traurig und allein. Wochenlang … ein schrecklicher Zustand, der sich einfach nicht von allein wieder auflösen wollte.
Und dann stolperte ich über einen Artikel zum Thema „Resilienz“. Das war vor vielen Jahren ein Begriff, den vermutlich nur die Physiker und Ingenieure in der Werkstoffkunde kannten. Das sollte sich bald ändern, wie wir heute alle wissen.
Damals war ich beeindruckt, wie diese Zusammenstellung von Säulen oder Schlüsseln an vielen Stellen genau das traf, was mich in meiner wenig erbaulichen energetischen Situation angesprochen hat: Optimismus, Akzeptanz, Selbstwirksamkeit, Eigenverantwortung, Beziehungen und Lösungs- und Zukunftsorientierung. Diese Themen weckten meine Neugier und ich tauchte intensiver ab in die Resilienz.
Es kostete mich schon einige Überwindung, mich so klar ressourcenorientiert zu betrachten und insbesondere meine Selbstwirksamkeit wieder aus dem Keller ans Licht zu holen.
Es hat lang gedauert … und dann funktioniert. Und genau betrachtet war das damals nicht nur der Start für zahlreiche Resilienz-Seminare in den folgenden Jahren, in denen ich mein Wissen und meine persönlichen Erfahrungen weiter geben durfte und demnächst wieder darf. Es war auch ein super Trainingslager für die aktuelle Corona-Zeit. Meine Haltung und meine Techniken helfen mir durch diese Zeit – auch wenn ich meinem inneren Schweinehund manchmal ganz bewusst erlaube, sich in seiner Pfütze zu wälzen.
Ich weiß: so schnell kriegt mich die Katze nicht mehr.